Forschungs- und Auswertungsansätze

In unseren Forschungs- und Entwicklungsprojekten bedienen wir uns vielfältiger methodischer Ansätze. Diese sind von der jeweiligen Fragestellung, Zielsetzung aber auch Zielgruppe des Projekts abhängig. Hervorzuheben sind neben klassischen Forschungsdesigns unsere Mixed-Methods-Ansätze und partizipative Forschungsansätze. Im Bereich der Auswertung qualitativer Daten möchten wir unsere Kompetenzen im Bereich der KI-basierten Auswertung hervorheben.

Mixed-Methods-Ansätze stellen für unsere konzeptionelle und wissenschaftliche Tätigkeit eine wichtige Ressource dar, um Phänomene ganzheitlich zu erfassen. Durch die Kombination von qualitativen und quantitativen Methoden können wir sowohl die Tiefe und Komplexität individueller Erfahrungen als auch die Breite und Generalisierbarkeit statistischer Daten berücksichtigen. Qualitative Methoden ermöglichen es uns, tiefere Einblicke in die subjektiven Perspektiven und sozialen Kontexte der Teilnehmenden zu gewinnen, während quantitative Methoden uns helfen, Muster und Zusammenhänge in größeren Datenmengen zu identifizieren. Diese integrative Herangehensweise fördert ein umfassenderes Verständnis der untersuchten Phänomene und unterstützt die Entwicklung fundierter und praxisnaher Lösungsansätze. Zudem ermöglicht sie eine flexible Anpassung an unterschiedliche Forschungsfragen und Zielgruppen, was die Qualität und Relevanz unserer Arbeit weiter erhöht. Beispiele finden Sie im Folgenden:

BfA-Gelingt

Förder- und Hemmfaktoren für die Inanspruchnahme des BfA und Ableitung von Lösungsansätzen und Beratungskonzepten

Methoden:

Interview
Fragebogenevaluation
Ambulatory-Assessment

BRIV

Analyse kontinuierlicher und diskontinuierlicher Verläufe in Berufsförderungswerken. Ableitung von Erfolgsfaktoren.
Methoden:
retrospektive qualitative Dokumentenanalyse
prospektive Begleitung von Teilnehmenden mittels Routinemonitoring

Reha-Connect

Verbesserung des Schnittstellenmanagements in der medizinischen und beruflichen Rehabilitation von Menschen mit Alkoholabhängigkeitserkrankungen

Methoden:
Quantitative Analyse von Routinedaten
Interviews
Delphi-Verfahren
Prospektive Fragebogenerhebungen

Inklusion in der Berufswahlentscheidung

Entwicklung und Erprobung innovativer Instrumente und Beratungsansätze für Jugendliche im Übergang von der Schule in den Beruf
Methoden:

Fragebogenevaluation
partizipative Fragebogenkonstruktion in Fokusgruppen
Interviews

Partizipative Forschung bedeutet wissenschaftliche Fragestellungen und Zielsetzungen gemeinsam mit den betroffenen Personengruppen zu erarbeiten. Häufig betrifft dies marginalisierte bzw. von Marginalisierung bedrohte Gruppen, wie beispielsweise Menschen mit Behinderung oder Personen mit Migrationserfahrung. Aber auch allgemeine Bevölkerungsgruppen mit spezifischen Bedarfen, wie Kinder und Jugendliche, Eltern oder ältere Menschen können partizipativ am Forschungsprozess mitwirken. Partizipative Forschung verfolgt dabei eine doppelte Zielsetzung: Einerseits das Empowerment der Zielgruppe, Prozesse, die sie selbst betreffen, aktiv mitzugestalten. Andererseits können Forschende profitieren, indem die Perspektiven und das Wissen der Zielgruppe aktiv in den Forschungsprozess einbezogen werden, um praxisnahe, akzeptierte und wirksame Lösungen zu finden. Beispiele aus unseren Projekten sind Tabelle 2 zu entnehmen.

Inklusion in der Berufswahlentscheidung

Entwicklung eines sprachfreien Fragebogens zur Erfassung beruflicher Interessen (NVBIT)

Methoden:
Partizipative Fragebogenkonstruktion: Fokusgruppen zur Itemauswahl und Gestaltung des Fragebogens

Prozessprofliling Für Berufsförderungswerke

Entwicklung eines Prozessprofiling für Qualifizierungsmaßnahmen in Berufsförderungswerken
Methoden:
Evaluation des Instruments auf Basis von Teilnehmer:innenfeedback
Fokusgruppen zur Diskussion der Veränderungen

padaCura

Entwicklung eines Fragebogens zur Erfassung des Erwerbsminderungsrisikos

Methoden:
schriftliche Evaluation der Items vor Finalisierung des Fragebogens


BfA-Gelingt

Förder- und Hemmfaktoren für die Inanspruchnahme des BfA und Ableitung von Lösungsansätzen und Beratungskonzepten
Methoden:
Perspektiventriangulation auf gleicher Ebene (z.B. Experte – Mensch mit Behinderung)
Partizipative Fragebogenkonstruktion
Fokusgruppen zur Gestaltung von Monitoring und Coaching

Die tiefgehende Auswertung qualitativer Daten mit Methoden der qualitativen Inhaltsanalyse kann je nach Umfang des Materials eine zeit- und ressourcenintensive Angelegenheit sein. Kürzlich wurde im Rahmen eines Updates des Programms MAXQDA 2024 die erste KI-gestützte Funktion zur Unterstützung qualitativer Auswertungen implementiert. Dabei sind folgende konkrete Funktionen verfügbar:

  • AI Coding: Diese Funktion unterstützt die automatische Analyse und Codierung von Dokumenten. Sie bietet Vorschläge für die Codierung von Textsegmenten basierend auf vordefinierten Kriterien, was besonders für deduktive Codierung nützlich ist. Die Qualität der zugrundegelegten Kriterien (Prompts) ist dabei ausschlaggebend für die Qualität
  • AI New Code Suggestions: Diese Funktion generiert Code-Empfehlungen auf Grundlage einer ausgewählten Textpassage. Dies ist hilfreich für die induktive Codierung, da neue Codes aus den Daten heraus entwickelt werden.
  • AI Subcode Suggestions: Diese Funktion bietet datenbasierte Empfehlungen für Subkategorien, die ebenfalls zur induktiven Codierung beitragen können.
  • Automatische Dokumentenzusammenfassung und Topic-Identifikation: MAXQDA Tailwind (Beta) ermöglicht die automatische Erstellung von Dokumentzusammenfassungen und die Identifikation von Themen, was sowohl deduktive als auch induktive Codierung unterstützen kann.
  • Chatten mit Daten und Dokumenten: AI Assist ermöglicht es, Fragen zu bereits codierten Textabschnitten oder ganzen Dokumenten zu stellen und erhält Antworten mit Verweisen auf entsprechende Textabschnitte. Dies kann die Reflexion und Konsistenz der Codierung fördern.

Aus den beschriebenen Funktionen ergeben sich eine Reihe von Anwendungsmöglichkeiten für Forschungs- und Entwicklungsprojekte. Aktuell wenden wir insbesondere die Funktion „AI Coding“ und „Chatten mit Daten und Dokumenten“ bereits erfolgreich an und haben hinreichende Erfahrungen zur Formulierung geeigneter Prompts gesammelt. Diese funktionieren beispielsweise gut im Hinblick auf eine deduktive ICF-basierte Auswertung. Das Werkzeug zur Automatischen Zusammenfassung und Topic-Identifikation könnte perspektivisch hilfreich sein, aus Gesprächsprotokollen und / oder Dokumenten Interventionsbedarfe oder weitere Schritte für ein diagnostisches Vorgehen (z.B. während eines Assessments oder einer Arbeitserprobung) abzuleiten. Auch die Methode zum induktiven Codieren („AI New Code Suggestions“) kann mit den richtigen Einstellungen einen wertvollen Beitrag zur Strukturierung umfangreicher und unübersichtlicher Dokumente liefern. Der Einsatz der entsprechenden Instrumente abseits der inhaltsanalytischen Auswertung, sondern im Praxiskontext kann mit entsprechend erprobten und elaborierten Prompts einen wichtigen Beitrag zur Standardisierung von Prozessen liefern, ohne dabei individualisiertes Vorgehen außen vor zu lassen. Ein Einsatz entsprechender Tools ist beispielsweise auch in adaptiven, schrittweisen diagnostischen Settings möglich. Ein von vorne bis hinten durchstrukturierter Assessmentablauf, bei dem alle Personen die gleiche Behandlung erhalten, kommt den individuellen Bedarfslagen der Personen nicht zu Gute. Vielmehr bedarf es einer Möglichkeit, bisherige Ergebnisse zügig auszuwerten und darauf basierend individuelle Handlungsempfehlungen zu entwickeln und umzusetzen. Die entsprechenden KI-Werkzeuge können eine wertvolle Unterstützung dabei sein, schnelle, ökonomische und gleichzeitig personenzentrierte Entscheidungen im Diagnostik- bzw. Assessmentprozess zu treffen.